Best of Jethro Tull

Article in the Munich Abendzeitung about the "Best of Jethro Tull Tour 1997
printed on 12 June 1997 ( von Antonio Seidemann ):

Der Mann liebt Fisch & Flöte

Ian Anderson
In den Siebzigern wirbelt der Rattenfänger von Blackpool (großes
Foto) nur über Bühnen. Heute muß Ian Anderson (kl. Foto) als einer
der größten Arbeitgeber Britanniens auch an seine Lachsfischer
denken.
Jethro Tull gibt Ende Juni ein Konzert in München

David Bowie wird immer ein wenig Ziggy Stardust sein. Ian Anderson ist dafür schon seit bald 30 Jahren Jethro Tull. An Extravaganz hatten sich beide nicht viel zu vergeben. Wärend Bowie seine Kunst an die Börse brachte, schuf sich Ian Anderson ein zweites Imperium in Schottland: Lachsfischerei. Die Musik bleibt für ihn eine Spielwiese, die er am 21. Juni in der Rudi Sedlmeier-Halle ausbreitet.
Im Dezember 1967 nannte der Mann aus Blackpool seine Band nach einem englischen Landwirt, der das Beschlagen von Pferden zu einem Buchthema gemacht hatte. Andersons Liebe zum alten England schlug sich immer wieder in seiner Musik nieder. Stücke wie "Jeffrey goes to Leicester Square" schwankten zwischen alten Folk, Rhythm'n'Blues, Klassik und Rock. Mit "Bourée" schenkte Anderson Johann Sebastian Bach einen späten Hit.
Entscheidend aber war die Einführung der Querflöte in die Rockmusik. Durch das gleichzeitig Reinblasen und Schreien kreierte Anderson den typischen Tull-Sound und gab dem sonst eher sanften Instrument eine Aggressivität, die es der elektrischen Gitarre ebenbürtig werden ließ.
Alleine dies würde schon genügen, um Ian Anderson seinen Platz in den Annalen der Pop-Musik zu schaffen. Jethro Tull sollten aber auch neue Akzente setzen beim Bühnenauftritt. Am Anfang spielte Ian Anderson mit seinem Mannen in abgerissenen Penner-Klamotten auf Jazz-Festivals. Späten fand auf der Bühne ein richtiger Jahrmarkt statt. Dazwischen jagte der heute 50jährige mit seltsam gemusterten Cutaways und Kniebundhosen in geschnürten Stiefeln herum.
Und wenn das nicht genügt, kommen noch die Skandale hinzu, die Anderson alias Jethro Tull mit Konzertalben auslöste. Das skurril religiöse "Aqualung" von 1971 mit mit dem Hit "Locomotive Breath", verbreitete einen spirituellen Atheismus, dem einige Fans nicht folgen wollten. Der Mensch schuf seine Götter und ließ sie wieder fallen.
Als Höhepunkt der Tull-Geschichte wird das Stück "Thick as a brick", das sich 1972 über zwei Plattenseiten zog, gesehen. Anderson gab vor, ein Gedicht des achtjährigen Schülers Gerald Bostock mit Zitaten wie "Deine Spermien im Abfluß, deine Liebe versinkt" zu vertonen. Es stellte sich dann natürlich heraus, das es keinen Bostock gab.
Mit immer wechselnder Mannschaft, nur Gitarrist Martin Barre hielt die Treue, ruhte sich Anderson jedoch nicht aus. 1989 gab es endlich einen Grammy für das Album "Crest of a knave" - in der Sparte Hard Rock !


Last change: 23 June 97

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